Sonntag, 15. November 2009

Mainzer Profs besiegen Studis mit klarem Plädoyer für Disneys (kitschige) Vorstellungen von der Liebe

Sie waren sich für nichts zu schade: Am Ende der Showdebatte des DCJG Mainz am vergangenen Dienstag zum Thema "Sollte Disney realistische Vorstellungen von Liebe vermitteln?" spielten die Professorin und die Professoren Margarete Imhof (Psychologie), Stefan Hirschauer (Soziologie) und Bernd Grzeszick (Jura) mit einem Kassettenrekorder einen herzerwärmenden Disney-Song ab, legten sich den Arm um die Schultern und schunkelten begeistert. Die 250 Zuschauer im Saal, die sich bei der Debatte am Dienstag auf enge Bankreihen, Treppe und Boden quetschten, applaudierten und jubelten hingerissen.

Die vorausgegangene Debatte ließ das Ergebnis bereits erahnen. Zwar hatte der DCJG drei seiner besten Redner/innen als Regierung ins Wortgefecht geschickt, aber die Professoren ließen sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Dabei begann alles so gut: Marcel Giersdorf, Deutscher Meister 2007, schmückte als erster Redner genüsslich die pappsüße Darstellung der Liebe in Disney-Filmen aus ("Wir haben im Vorfeld der Debatte Disney-Filme geschaut, und sogar Nicolas, der alte Griesgram, hatte Tränen in den Augen!"). Er zückte die Bibel und bewies mit eindeutigen Zitaten: "Die Kirche hatte lange das Monopol auf Liebesvorstellungen, in der es aber nur um die Befriedigung des Mannes ging und die zur jahrhundertelangen Unterdrückung der Frau führte!" Disney dürfe nun, erklärte er, nicht die Definitionshoheit über Liebe haben, da der Konzern Kindern falsche, da zu rosarote Vorstellungen von Liebe vermittele, was gefährlich sei und zu schlimmen psychischen Schäden führe.

Oppositionsführer Stefan Hirschauer entgegnete energisch: "Unsinn - in der Realität ist Liebe doch noch viel romantischer, als bei Disney dargestellt!" Sprach's und verwies auf Valentins- und Jahrestage und das weitere kitschige Drumherum einer Beziehung, das im Jubel der Zuhörer unterging. Übrig blieb der eindrückliche Satz: "Des einen Zuckermausi ist des anderen blöde Kuh!"

Katharina Tschirner, als Nachwuchstalent erstmals vor Publikum, legte für die Regierung nach und machte die schlimmen Traumata der Disney-Geschädigten in allen Einzelheiten deutlich, vor allem die der Frauen, die irgendwann enttäuscht einsehen müssten, dass der Traumprinz auf dem weißen Schimmel wohl nicht kommen wird, um sie zu retten. Margarete Imhof verblüffte daraufhin mit zackiger Gestik und harschem Widerspruch: "Mein Gott, muss Ihr Leben düster und traurig sein!" Denn die beste Motivation der Menschen, erklärte sie, sei doch gerade die Aussicht auf etwas Schönes, etwa der unerschütterliche Glaube an das Happy End: "Das ist Psychologie, meine Damen und Herren!"

Der amtierende Westdeutsche Meister Nicolas Eberle erheiterte schließlich den Saal mit seiner persönlichen Leidensgeschichte, um zu zeigen, dass die Realität nie der Fiktion standhält: "Sie glauben gar nicht, wie sehr ich mich blamiert habe, als ich damals im Vorgarten meiner ersten Freundin stand - mit dem extra geliehenen Pferd. Ihr Vater war nicht amüsiert, Pferde halten nie ruhig, wenn sie sollen, und der Zaun war hinterher noch das am wenigsten kaputte."

Bernd Grzeszick drehte diese Behauptung über das Verhältnis von Realität und Fiktion geschickt um, indem er zunächst (tummeln sich Profs doch verdeckt im StudiVZ...?) aus der StudiVZ-Gruppe "Disney hat mir unrealistische Vorstellungen von Liebe vermittelt" einige der dort geschilderten Schicksale verlas ("Sie sehen, hier sind wir schon nahe am Suizid!") und schließlich mit dem Zitat einer jungen VZ-Nutzerin schloss: "Ich habe meinen Traumprinzen endlich gefunden, und ich kann allen sagen, es ist in Wahrheit noch viel schöner als bei Disney." (Und alle verzückt: "Oooooh!")

Die Profs wurden schließlich vom Publikum mit Standing Ovations klar zum Siegerteam der Debatte gekürt. Die Ehrenjury, bestehend aus Marianne Rohde, Stellvertretende Leiterin der rheinland-pfälzischen Landeszentrale für politische Bildung, Sabine Gerte, ehemalige Vorsitzende von AEGEE Mainz/Wiesbaden, und Patrick Proner, Mitarbeiter am Institut für Publizistik und Westdeutscher Debattiermeister 2006, kürte Prof. Stefan Hirschauer zum besten Redner der Debatte.

Text: Sarah Kempf, DCJG

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